Anhörung im Bußgeldverfahren: Was tun?
Vor allem im Straßenverkehr ist eine Ordnungswidrigkeit schnell passiert: Zu schnell gefahren, eine rote Ampel überfahren oder falsch geparkt. Besonders ärgerlich, wenn nach einiger Zeit ein Bußgeldbescheid oder ein Anhörungsbogen ins Haus flattern. Doch was ist eine Anhörung im Bußgeldverfahren?
Bevor ein Bußgeldbescheid zugestellt wird, erhalten Beschuldigte häufig einen Anhörungsbogen. In diesem können sie sich zur Sache äußern und Angaben machen. Viele Menschen sind damit überfordert: Ist es nun sinnvoll, die Tat zuzugeben? Oder sollte ich alles abstreiten? Darf ich einfach gar nicht reagieren? Wir zeigen Ihnen die Möglichkeiten auf.
Sie werden im Straßenverkehr beschuldigt? Als erfahrene Strafverteidiger konnten wir bereits für viele Mandanten die vorzeitige Einstellung des Verfahrens, eine Strafmilderung oder einen Freispruch erreichen. Gerne stehen wir Ihnen bei einem Vorwurf anwaltlich zur Seite und beraten Sie umfassend zu einer möglichen Verteidigungsstrategie.
Was ist eine Anhörung im Bußgeldverfahren?
Die Anhörung ist der erste Schritt im Laufe des Bußgeldverfahrens. Es soll dem Beschuldigten ermöglicht werden, sich zu dem Vorwurf einer gegen ihn vorliegenden Ordnungswidrigkeit äußern zu können (§ 55 OWiG).
Durch die Anhörung soll nicht nur “rechtliches Gehör” gewährleistet werden, sondern die Behörde versucht auch, die relevanten Tatsachen, zum Beispiel den Fahrer eines Fahrzeugs, festzustellen. Nur dieser ist in Deutschland für die Ordnungswidrigkeit verantwortlich, durch die Kennzeichenabfrage kann aber nur der Halter ermittelt werden. Häufig sind diese Personen identisch. Eine Ausnahme gilt hier bei Park- oder Halteverstößen.
Eine Anhörung erfolgt immer dann, wenn dem Beschuldigten noch keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde. Gab es beispielsweise eine Verkehrskontrolle durch die Polizei, hat die Anhörung bereits durch die Polizeibeamten zu erfolgen.
Wichtig: Sie müssen innerhalb von 3 Monaten nach begangener Ordnungswidrigkeit einen Anhörungsbogen oder einen Bußgeldbescheid erhalten, andernfalls tritt Verjährung ein.
Mehr zur Verjährung von Bußgeldverfahren erfahren Sie in einem eigenen Beitrag.
Wie läuft ein Bußgeldverfahren ab?
Das Bußgeldverfahren beginnt mit dem Anhörungsbogen. Dabei handelt es sich um das sogenannte Vorverfahren, bei dem der Sachverhalt und die Personalien geklärt werden sollen. Außerdem hat der Beschuldigte hier zum ersten Mal die Möglichkeit, sich zu äußern oder gegen den Bußgeldbescheid vorzugehen.
Nach dem Anhörungsbogen wird dann meist der Bußgeldbescheid zugestellt, es sei denn, es wurde sich erfolgreich gegen den Bescheid gewehrt (zum Beispiel, weil man nicht der Fahrer ist). Nun hat der Adressat noch einmal 2 Wochen Zeit, Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einzulegen.
Wird dem Einspruch nicht stattgegeben, wird das ganze Verfahren der Staatsanwaltschaft übergeben und landet vor Gericht.
Was sollte man in den Anhörungsbogen schreiben?
Wer einen Anhörungsbogen erhält, hat im Grunde 3 Möglichkeiten, damit umzugehen:
- den Verstoß zugeben/bestätigen
- den Verstoß bestreiten
- den Anhörungsbogen ignorieren
Welche der Varianten am sinnvollsten ist, hängt stark vom Einzelfall ab und sollte gut überlegt sein. Wenden Sie sich für eine persönliche Beratung gerne jederzeit an uns, um eine geeignete Strategie in Ihrem Fall zu finden.
Den Verstoß zuzugeben hat keine besonderen Vorteile in einem Bußgeldverfahren. Es ist hier nicht so, dass dies die Strafe mildern würde. Im Gegenteil: Die Behörde kann die Einlassung nach freiem Ermessen bewerten. So kann ein Geständnis den Vorwurf noch verschlimmern, wenn Angaben gemacht werden, die eine schwerere Ordnungswidrigkeit (oder sogar eine Straftat) begründen. Aus diesem Grund sollten Sie ein Geständnis niemals ohne vorherige anwaltliche Beratung durchführen.
Gleiches kann auch für ein Bestreiten gelten, je nachdem, wie dieses formuliert wird. Auch darin können sich unter Umständen Zugeständnisse wiederfinden, die den Vorwurf verschlimmern können. Es ist jedoch die erste Möglichkeit, sich gegen den Bußgeldbescheid zu wehren und weitere rechtliche Schritte einzuleiten. Auch hier empfiehlt sich der Gang zum Anwalt, der sich Ihrem Fall annimmt und Sie bei allen Schritten unterstützt.
Wichtig: Sind Sie selbst nicht gefahren, können Sie in einem Einspruch auch mitteilen, dass Sie nicht der Fahrer sind und angeben, wer stattdessen gefahren ist. Handelt es sich um ein enges Familienmitglied, müssen Sie dies nicht preisgeben. Sie haben in diesem Fall ein Zeugnisverweigerungsrecht.
Muss man den Anhörungsbogen zurückschicken?
Wie in einem Strafverfahren auch, muss sich im Anhörungsbogen niemand selbst belasten oder zur Sache äußern. Es ist daher oftmals die beste Option, zu den Vorwürfen zu schweigen und den Anhörungsbogen nicht zurückzuschicken. Nur Angaben zur Person sind verpflichtend (z.B. der Name, Geburtsdatum und Adresse).
Falsche Angaben bei Anhörungsbogen im Bußgeldverfahren (H2)
Im Anhörungsbogen falsche Angaben zu machen, ist in vielen Fällen eine weitere Ordnungswidrigkeit, für die bis zu 1.000 Euro Bußgeld drohen (§ 111 OWiG). Insbesondere bei unscharfen Blitzerfotos sind Menschen geneigt, falsche Angaben zur Person auf dem Foto zu machen. Wird die Behörde jedoch darauf aufmerksam, kann das ernste Konsequenzen haben.
Im schlimmsten Fall droht ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen falscher Verdächtigung (§164 Abs. 2 StGB). Dazu kann es kommen, wenn Sie beabsichtigt haben, eine unschuldige Person einer Ordnungswidrigkeit zu bezichtigten, sodass gegen diese ein Bußgeldverfahren eingeleitet wird. Dies gilt jedoch nicht bei der Verdächtigung nicht existenter Personen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 20.02.2018 Az.: 25 Ss 982/17)
Auch bei der Angabe, den Fahrer nicht zu kennen, drohen Konsequenzen. So ist der Halter für sein Fahrzeug verantwortlich. Konsequenzen können dann beispielsweise ein Fahrtenbuch sein, das jede getätigte Fahrt dokumentiert. Eine Ausnahme greift zum Beispiel dann, wenn Ihr Auto gestohlen wurde. Dies sollte dann z.B. mit einer Anzeige wegen Diebstahls bei der Polizei bewiesen werden können.
Einspruch gegen Bußgeldbescheid: Wie kann ein Anwalt helfen?
Wenn Sie zu Unrecht beschuldigt werden oder nicht nur ein Bußgeld, sondern schwere Konsequenzen durch den Bußgeldbescheid drohen, kann ein Anwalt Ihnen helfen, den Bescheid abzuwehren. Vereinbaren Sie daher bereits frühestmöglich einen Termin, am besten schon im Anhörungsverfahren.
Ist erst einmal ein Bußgeldbescheid ergangen, bleiben Ihnen nur noch 2 Wochen, um gegen diesen Einspruch einzulegen. Erwähnen Sie dies unbedingt im Kontakt mit uns, damit wir schnellstmöglich handeln können, bevor die Frist verstrichen ist. Am besten übersenden Sie uns ein Foto des Datums auf dem gelben förmlichen Briefumschlags.
In einigen Fällen ist es auch möglich, ein Fahrverbot in eine höhere Geldbuße umzuwandeln. Oder es lassen sich Verfahrensfehler finden, etwa weil der Blitzer falsch aufgestellt wurde oder nicht den Vorgaben entsprach. Ein erfahrener und spezialisierter Anwalt kann Sie dabei unterstützen, den richtigen Weg zu finden.
Mehr Informationen zur Abwehr eines Bußgeldbescheides finden Sie im Beitrag Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid.
Als erfahrene und spezialisierte Strafverteidiger sind wir für Sie da und unterstützen Sie bei dem laufenden Verfahren. Wir beraten Sie umfassend zu Ihren Möglichkeiten und helfen Ihnen, gegen die Behörden vorzugehen. Kontaktieren Sie uns jederzeit für ein Erstgespräch.