Der Vorwurf einer Vergewaltigung ist nicht nur mit einer hohen Freiheitsstrafe bedroht, sondern bringt meist auch Konsequenzen für das soziale Umfeld mit sich. Kommt es zu einer Anzeige und im Wege dessen zu Ermittlungen, ist die Reputation der Betroffenen besonders gefährdet.
Doch was ist eine Vergewaltigung? Welche Handlungen sind konkret unter Strafe gestellt? Und worauf müssen Beschuldigte achten? In diesem Beitrag klären wir auf.
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177 StGB ist einer der Kerntatbestände des Sexualstrafrechts. Anders als bei anderen Delikten werden hier verschiedene Abstufungen eines Angriffs auf die sexuelle Selbstbestimmung geregelt. Den Grundtatbestand bildet dabei der sexuelle Übergriff.
Der § 177 Abs. 1 StGB definiert den sexuellen Übergriff wie folgt:
„Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird (…) bestraft“.
Folgende 4 Voraussetzungen müssen für einen sexuellen Übergriff erfüllt sein:
Essenziell bei allen Sexualstraftaten und auch am häufigsten ein Problem bei der Beweisbarkeit ist der erkennbar entgegenstehende Wille der anderen Person. Dazu reicht entweder ein „Nein“, aber auch deutlich erkennbares, abwehrendes Verhalten, Gestik oder Mimik. Entscheidend ist dabei, ob für den Beschuldigten dieser entgegenstehende Wille erkennbar war. In der Praxis ist dies äußerst schwierig nachzuweisen und bietet daher gute Verteidigungsmöglichkeiten für einen erfahrenen Strafverteidiger.
Die gleiche Strafe droht auch dann, wenn der sexuelle Übergriff durch Ausnutzen einer besonderen Lage erfolgt, also etwa dann, wenn die andere Person nicht in der Lage ist, ihren entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern. Treten weitere Tatmerkmale hinzu, wie etwa die Anwendung von Drohung oder Gewalt, kann es sich um eine sexuelle Nötigung handeln.
Bei der Vergewaltigung kommt es zu einem sexuellen Übergriff, der mit dem Eindringen in den Körper der anderen Person oder einer sonstigen besonderen Erniedrigung verbunden ist.
Im § 177 Abs. 6 StGB heißt es dazu:
„Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung).“
Es muss also ein sexueller Übergriff stattfinden, der mit dem Beischlaf oder einer beischlafähnlichen Handlung verbunden ist. Zu den beischlafähnlichen Handlungen zählen Selbstpenetrationen, Oral- und Analverkehr, das Eindringen mit Körperteilen oder Gegenständen und die Ejakulation des Beschuldigten in den Mund des Opfers ohne Eindringen.
Unter Beischlaf versteht man den Geschlechtsverkehr, also den Akt, bei dem das männliche Glied in die Vagina eindringt. Laut Rechtsprechung ist dies schon dann erfüllt, wenn das männliche Glied den weiblichen Scheidenvorhof erreicht oder berührt. Allerdings ist der Tatbestand der Vergewaltigung durch den Zusatz des „Eindringens in den Körper“ weiter gefasst bei dem bloßen Geschlechtsverkehr.
Auch der Analverkehr oder der Oralverkehr zählen zum Eindringen in den Körper. Neben dem Eindringen mit einem Geschlechtsorgan ist dabei auch das Eindringen mit anderen Gegenständen oder Körperteilen (zum Beispiel den Finger) ausreichend, um den Tatbestand zu erfüllen. Wie weit dabei in den Körper des Opfers eingedrungen werden muss, ist im Einzelfall zu entscheiden.
Daneben gilt aber auch das besondere Herabwürdigen bei der Tat als Vergewaltigung. Dazu muss der Beschuldigte die andere Person in besonderer Weise zum (Sex-)Objekt herabwürdigen und dies durch die Art der sexuellen Handlung zum Ausdruck bringen.
Als besonders schwerer Fall des sexuellen Übergriffs droht für die Vergewaltigung bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren. Eine Obergrenze gibt es nicht, es sind also Haftstrafen von bis zu 15 Jahren möglich.
Hat der Beschuldigte bei der Tat eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug dabei, drohen ihm sogar mindestens 3 Jahre Freiheitsstrafe.
Die Mindeststrafe liegt noch einmal höher, wenn
Dann sind mindestens 5 Jahre Freiheitsstrafe vorgesehen. Kommt das Opfer durch die Tat ums Leben, ist die Freiheitsstrafe mindestens 10 Jahre, auch lebenslänglich ist hier möglich (§ 178 StGB).
Neben den strafrechtlichen Konsequenzen können Opfer einer Vergewaltigung auch zivilrechtliche Ansprüche geltend machen, insbesondere Schmerzensgeld. Auch wenn dafür ein anderes Gericht zuständig ist, kann ein solcher Anspruch auch Teil des Strafprozesses sein.
Beschuldigte sollten sich bewusst sein, dass es neben rechtlichen Konsequenzen auch erhebliche Folgen für das soziale Umfeld, die Karriere und die allgemeine Reputation haben kann, wenn der Vorwurf der Vergewaltigung im Raum steht.
Es ist daher wichtig, ein Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung möglichst diskret zu behandeln und frühestmöglich zur Einstellung zu bringen. Gerade wenn die Tat am Arbeitsplatz passiert sein soll, kann bereits der Verdacht auch arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, wie etwa eine Kündigung oder ein Disziplinarverfahren.
Häufig erfahren Beschuldigte erst dann von dem Vorwurf gegen sie, wenn ein Haftbefehl beantragt wird. Sollte die Vergewaltigung kürzlich in einer Wohnung stattgefunden haben, versucht die Polizei in der Regel mittels Hausdurchsuchung mögliche Spuren zu finden (z. B. Sperma, Blut, DNA).
Auf den ersten Schock einer solchen Situation folgt dann zumeist Ratlosigkeit und Panik. Es bleibt die Frage offen, wie mit dieser unerwarteten Konfrontation umzugehen ist.
Folgend präsentieren wir Ihnen ein paar Verhaltensregeln in einem solchen Fall. Dies ersetzt jedoch in keinem Fall eine individuelle Rechtsberatung. Für ein unverbindliches Erstgespräch wenden Sie sich bitte direkt an uns.
So verhalten Sie sich bei einer polizeilichen Vorladung:
Auch als Opfer können Sie etwas dazu beitragen, dass Ihnen Gerechtigkeit widerfährt. So können Sie sich bei einer (versuchten) Vergewaltigung verhalten:
Bei Bedrohung: Im Falle einer drohenden Straftat rufen Sie unverzüglich die Polizei unter 110.
Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 08000 116 016
Hilfetelefon Gewalt an Männern: 0800 123 9900
Das Sexualstrafrecht ist anspruchsvoll in der Verteidigung. Häufig passieren sexualrechtliche Straftaten hinter verschlossenen Türen. Es kommt daher meist zu Aussage gegen Aussage-Konstellationen, wodurch der Ausgang eines Prozesses unvorhersehbar wird. Es ist entscheidend, wem das Gericht Glauben schenkt: dem Angeklagten oder dem Opfer.
Die häufige Situation, dass es wenige bis keine Beweise für die Tat gibt, kann aber auch für eine erfolgreiche Verteidigungsstrategie von Nutzen sein. Das Gericht ist in seiner Entscheidungsfindung offen. So zeigt auch die Statistik, dass im Sexualstrafrecht besonders gute Chancen einer erfolgreichen Verteidigung bestehen. In Fällen sexualisierter Straftaten wurden Angeklagte im Zeitraum 2017 bis 2020 in 30 % der Anklagen freigesprochen. Bei anderen Delikten liegt die Quote bei lediglich 10 %.
Wichtig ist, eine effektive und erfolgversprechende Verteidigungsstrategie zu erarbeiten. Kontaktieren Sie deshalb unsere erfahrenen und spezialisierten Strafverteidiger. Gemeinsam finden wir eine Lösung für Ihren Fall und unterstützen Sie gerichtlich wie außergerichtlich. Notieren Sie unbedingt auch unseren Notfallkontakt, um uns rund um die Uhr zu erreichen.
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